In der Forschung befassen wir uns mit dem breiten Themenkomplex Ressourceneffizienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Hoch- und Städtebau.
Unsere Motivation ist dabei, einen positiven Wandel im Bauwesen hin zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen.
Der Bausektor ist extrem umweltrelevant: ca. 30% der CO2-Emisisionen, ca. 40% des Endenergieverbrauchs, ca. 50% des Ressourcenverbrauchs, ca. 60% Abfallsaufkommens und ca. 70% der Flächenversiegelung gehen auf Bauen zurück.
Die Bauwirtschaft ist ökonomisch stark und ist mit vielen anderen Wirtschaftszweigen stark vernetzt, etwa mit der Chemieindustrie oder dem Energie- und Mobilitätssektor. Hier gezielt integriert zu handeln, birgt große Nachhaltigkeitspotentiale, etwa über die Kreislaufwirtschaft oder eine Stadt der kurzen Wege.
Bauen beeinflusst maßgeblich überdies unseren sozialen Lebensraum.
Unsere Forschungsergebnisse finden sowohl in die Lehre und Praxis als auch in die wissensbasierte Politikberatung Eingang.
Wir adressieren in der Forschung unterschiedliche Technologien, Handlungs- bzw. Prozessebenen:
– Nachhaltige Wärme- und Stromversorgung von Gebäuden
– Ressourcen- und Rohstoffbereiche (Fläche, Materialien, Energie… )
– Effizienz und Suffizienz-Strategien
– Einzelgebäude, Gebäudecluster, Stadtquartiere und Räume
– Neubau und Gebäudebestand unterschiedlicher Nutzungen und energetischer Merkmale
– Gesetzgebung, Förderung und Verwaltungsorganisation
Forschungsgebiete (Auswahl an Beispielen und Publikationen)
Sportstätte haben im Hinblick auf ihre soziokulturelle Funktion und auch auf den gebäudebezogenen Umwelt- und Klimaschutz eine besondere Bedeutung. Den größten Anteil deutscher Sportstätten bilden Sporthallen, die vorwiegend durch die Kommunen betrieben werden und größtenteils zu Zeiten des sog. „Goldenen Plans“ (1960/70er-Jahre) erbaut wurden. Diese weisen in der Regel einen erheblichen Sanierungsbedarf auf. An ausgewählten Beispielen kommunaler Sporthallen und in Zusammenarbeit mit einer Kommune in Hessen werden die Bestandssituation erhoben sowie die Potentiale der Energieeinsparung und CO2-Minderung untersucht.
Publikation:
Horst, Patricia; Messari-Becker, L.: Kommunale Sporthallen in Deutschland – Bestandssituation und Perspektiven, Aufsatz in der Fachzeitschrift Bauphysik, Februar 2021, S. 12-17, Ernst & Sohn Verlag, Berlin, 2021
Gerade im klimaschutzrelevanten Gebäudebestand bestehen Hemmnisse gegenüber Sanierungen, wie finanzielle, demographische, technische Aspekte oder Denkmalschutz. Erschließen wir das größere Handlungsfeld „Quartier“, lassen sich Projekte ökologischer, ökonomischer und sozialverträglicher realisieren: Serielles Sanieren für höhere Sanierungsraten, Contracting-Modelle, mehr CO2-Vermeidung und Kosteneffizienz sowie gemeinsame erneuerbare Versorgung. Quartiere bieten zudem Synergien, etwa wenn Wohngebäude die Abwärme eines Rechenzentrums in der Nähe nutzen. Quartiere sind Einzelgebäude-Betrachtung weit überlegen.
Publikationen:
Mitherausgabe als Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen, Umweltgutachten: Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa, SRU, 2020: Kapitel „Das Quartier: Raum für mehr Umwelt- und Klimaschutz“ www.umweltrat.de
Messari‐Becker, L.: Energetische Quartier‐ und Stadtsanierung am Beispiel der Stadt Riedstadt – Ein Forschungsbericht, Bauphysik, 05/14, Ernst W. und Sohn, Berlin, 2014
Messari-Becker, L.: Gebäude – Gebäudecluster – Stadträume. Elemente eines Klimaschutzkonzeptes am Beispiel der Stadt Riedstadt, Themenheft Schutz der bebauten Umwelt, Bauingenieur, Ausgabe 07/14, Springer Verlag, Düsseldorf, 2014
Der Gebäudebestand dominiert die gebäudebezogenen CO2-Emissionen. Klimaschutzschritte im Gebäudesektor müssten daher insbesondere im Bestand erfolgen. Sanierungsmaßnahmen und der Umstieg auf erneuerbare Wärmeversorgung in Gebäuden werden seit Jahren mit Förderprogrammen der KfW (Kreditanstalt für Wideraufbau) flankiert. Wie wirken sie im Vergleich zu CO2-Zertifikate für Wohngebäude? Welche politischen Instrumente sind hier wirksamer und helfen schneller CO2-Emissionen nachhaltig zu mindern? Wie hoch sind die CO2-Vermeidungskosten der jeweiligen Sanierungsmaßnahmen?
Publikationen:
„Nachhaltige CO2-Minderung bei Wohngebäuden im Bestand- Ist ein neuer Weg möglich? Kongress Bauhaus-Solar 2007, Erfurt
Messari-Becker, L.: CO2-Vermeidungskosten energetischer Sanierungsmaßnahmen für Wohngebäude im Bestand, Bauphysik-Kalender 2010, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin
Ziel energetischer Sanierungsmaßnahen im Gebäudebestand ist Energieeinsparung und damit verbundene Vermeidung von CO2-Emissionen mindern. Um ihre Wirksamkeit zu bewerten, gehören auch die Vorketten aller eingesetzten Materialien und Bauprodukte systematisch in einer Gesamtbilanz mitbetrachtet. Anhand von ausgewählten Gebäudetypen wurden energetische Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Einsparungseffekte analysiert. Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild und können dazu dienen, die öffentliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahen zielsicher einzusetzen, um die Klimaschutzeffekte im Gebäudesektor deutlich zu steigern.
Publikationen:
Messari-Becker, L.: Datenblätter ökologischer Kennwerte von baulichen Sanierungsmaßnahmen am Baubestand, Bauphysik-Kalender 2010, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin
Durch den Einsatz von sogenannten Geoinformationssystemen (GIS) lassen sich lokale Potentiale erneuerbarer Energien (Strom und Wärme) ermitteln. Die Methode ermöglicht regionale quartiersbasierte Lösungen für Wärme- und Stromversorgung, die weniger ausschließlich auf Einzelgebäude setzen, sondern viel mehr auf Gebäude-Cluster. Diese Grundsätze können in die kommunale Wärmeplanung integriert werden.
Publikationen:
Messari-Becker, L: Integrierte Klimaschutzkonzept für die Stadt Riedstadt 2013
Das bisherige Ordnungsrecht zur Energieeinsparung in Gebäuden schreibt den sog. Energieausweis vor. Der Energieausweis eines Gebäudes weist Energiekennwerte wie den Primärenergiebedarf aus und adressiert dabei bisher den Gebäudebetrieb, also Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Warmwasserbereitung etc. Im Neubau basiert er auf planerische Daten des Gebäudes (bedarfsorientiert), im Bestand auf Ist-Daten (z.B. Verbrauchsdaten).
Anstatt eines Energieausweises, der lediglich den Gebäudebetrieb adressiert, schlagen wir einen ganzheitlichen und lebenszyklusbasierten Ressourcenausweis einzuführen, der alle Aufwände (Rohstoffe/Materialien, Energie, Emissionen…) im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes erfasst und sichtbar macht, um Bauen und Heizen schrittweise insgesamt nachhaltiger zu gestalten. Diese ganzheitliche Betrachtungsweise hilft, die Energieeinspar- und Klimaschutzziele sicherer zu erreichen und die Umweltschäden nicht nur zu verschieben (bisher teilweise von Betrieb in die Herstellung des Gebäudes). Der Ressourcenausweis, auch Ressourcenpass genannt, fand Eingang in den Koalitionsvertrag der Ampelregierung.
Publikationen:
Bundesdrucksachen zu Anhörungen im Bundestag sowie mehrere Fachbeiträge, 2019
Stellungnahme im Bundestag: Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude BT-Drucksache 19/16716, 19/17037“ Gebäudeenergiegesetz, Anhörung Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages, Berlin, 2020
Integrierte Klimaschutzkonzepte adressieren und vernetzen alle Sektoren (Gebäude, Industrie, Verkehr), um definierte Klimaschutzziele zu erreichen. Zentral ist dabei die Einsparungspotentiale aller Sektoren, die Potentiale erneuerbarer Energien zu gewinnen und diese lokal zu vernetzen. Stadträume werden dabei als sog. Energiehomogene betrachtet, mit ähnlichem Wärme‐ und Stromverbrauchsverhalten und ggf. ähnliche Begabungen, erneuerbare Energien zu erzeugen. Der Abschlussbericht des BMU‐geförderten Projektes wurde vom Auftraggeber unter www.hessen‐nachhaltig.de veröffentlicht.
Publikationen:
Messari-Becker, L: Integrierte Klimaschutzkonzept für die Stadt Riedstadt 2013
Messari-Becker, L., Genske, D.: Energetische Stadtsanierung und Klimaschutz; Bauphysik-Kalender 2013, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin
Messari-Becker, L., Bollinger, K., Grohmann, M.: Strategies for Sustainable Existing Neighborhoods, CISBAT, Lausanne, 2011
Die Wahl eines Materials und einer Bauweise unterliegt zahlreichen Kriterien. Dazu gehören Funktionalität, Tragfähigkeit, Energieeffizienz, Brandschutz etc.
Erstmalig wird in Frankfurt am Main in einem Passivhaus ein monolithischer Baustein eingesetzt, der sowohl die Trag- als auch die Dämmfunktion übernimmt und somit eine mehrschalige Bauweise erübrigt. Zuvor werden mehrere Schichtaufbauten unter Einsatz von LCA und LCC-Analysen auf ihre Umwelteffekte (hier CO2-Äquiv.) und Kosten im gesamten Lebenszyklus untersucht und verglichen.
Publikationen:
Messari-Becker, L., Bärenfänger, K., Bollinger, K., Grohmann, M.: Eine moderne monolithische Bauweise: nachhaltig und effizient, Sonderheft Energie
& Umwelt, Bauingenieur, Ausgabe 08/12, Springer Verlag, Düsseldorf, 2012
Messari-Becker, L., Bollinger, K., Grohmann. M.: Energie- und Ressourceneffizienz durch lebenszyklusorientierte Planung am Beispiel, Weimarer Bauphysik-Tagung, Weimar, 2011
Messari-Becker, L., Bollinger, K., Grohmann, M.: Mehrfamilien-Passivhäuser in monolithischer Bauweise – Erste Erfahrungen, Bauphysik, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin, 2011
Die Recylingrate mineralischer Baustoffe beträgt in Deutschland lediglich 12,5% (Stand 2022). Dabei erfordern Ressourcenknappheit und Umwelteffekte mehr denn je eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft.
Im Jahr 2001 wurde eins der wenigen Gebäude mit wiederverwendetem Zuschlag in Darmstadt gebaut (Entwurf vom Architekten Hundertwasserhaus). Erst 10 Jahre später wurde ein weiteres Wohngebäude in Ludwigshafen unter Einsatz vom Recyclingbeton errichtet. Das Projekt wurde wissenschaftlich von der TU Cottbus und IFEU in Heidelberg sowie das planende Ingenieurbüro begleitet.
Publikation:
Messari-Becker, L., Mettke, A., Knappe, F., Storck, U., Bollinger, K., Grohmann, M.: Recycling Concrete in Practice – A Chance for Sustainable Resource Management, Structural Concrete Nr. 2/2014, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin, 2014
Der Lebenszyklus von Gebäuden ist ein Zyklus von Ressourcenverbrauch, Umwelteffekten wie etwa CO2-Emissionen und Kosten. Nachhaltiges Bauen bedeutet daher niemals nur einen Aspekt zu adressieren oder zu optimieren, sondern ganzheitlich zu agieren und daher die Bewertung aller Aufwände und Effekte im gesamten Lebenszyklus vorzunehmen: Vom Rohstoffabbau, über Produktherstellung, Transport, Gebäudeerstellung, Nutzung, Betrieb, Umnutzungen bis hin zum Abriss. Dazu werden die sog. Life Cycle Assessment (LCA) und Life Cycle Cost Analysis (LCC) genutzt.
Dabei sind Grundsätze und Indikatoren wie auch Systemgrenzen zu berücksichtigen.
Publikationen:
Messari-Becker, L.: Lebenszyklusorientierte Planung – Grundlagen, Methoden und Fallstudien; Bauphysik-Kalender 2013, Ernst W. und Sohn Verlag, Berlin